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Martina Pruzina :
Venus Version

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Martina Golser, Venus Version, Willendorf, 2013
© Wolfgang Wössner
Martina Golser, Venus Version, Willendorf, 2013
© Wolfgang Wössner
Martina Golser, Venus Version, Willendorf, 2013
© Wolfgang Wössner
Willendorf, 2013

Information

Martina Golser ist die vierte Künstlerin, die eingeladen wurde, mit einer künstlerischen Arbeit auf die um 25.000 vor Christus entstandene Venus von Willendorf und damit verbundene Themen Bezug zu nehmen. Ab März 2013 war ihre Skulptur ein Jahr lang in der ursprünglich für die Venus angefertigten Vitrine bei deren Fundstätte in Willendorf zu sehen.

Das zentrale künstlerische Interesse Golsers gilt der Pflanzenwelt. In meditativen Arbeitsprozessen zeichnet sie Pflanzen und Pflanzenstrukturen mit zarten und komplexen formalen Ausprägungen. Teilweise schneidet sie diese auch mit dem Skalpell aus. Die minutiös gezeichneten organischen Gefüge, die in ihrer Detailliertheit an frühe Pflanzenbücher der Renaissance erinnern, nennt die Künstlerin "botanische Studien". Ihre künstlerische Arbeit beginnt schon bei der intensiven und genauen Beobachtung der Natur und beim Studium botanischer Fachbücher. Nachdem Martina Golser 2006 ihre Arbeit mit Keramik aufgegeben hatte, um sich ganz dem Zeichnen zu widmen, konzentrierte sie sich zunächst auf mikroskopisch vergrößerte Pflanzenschnitte, mittlerweile auch auf Ansichten von Pflanzen, die sie auf ihren Spaziergängen findet. Fasziniert von der direkten Ausdrucksmöglichkeit im Akt des Zeichnens und von der Formensprache der Natur, erklärt die Künstlerin, dass jede Form bereits in der Natur vorhanden sei und folglich auch nicht mehr erfunden werden könne.

So ist es verständlich, dass Martina Golsers Interpretation einer Venus – eine kleine, auf einer goldenen Kugel befestigte weiße Frauenfigur aus Modelliermasse – über einen Blütenteppich läuft. Die Kugel steckt auf einem feinen Metallstab, der von einem runden Spiegel auf dem Boden der Vitrine gehalten wird. Die feinen, mit dem Skalpell aus Papier ausgeschnittenen Elemente stellen die Blüten des Löwenzahns, gemeinhin auch als Pusteblume bekannt, dar: Ihr Äußeres ist zart, die Wurzeln sind stark. Bis heute konnten Botaniker das Geheimnis der Vermehrung der Pflanze nicht vollständig klären. Fest steht, dass der Löwenzahn in Bezug auf seine Fortpflanzung eine der erfolgreichsten Pflanzen der Welt ist. Reißt man sie ab, regt man die Wurzeln zu enormem Wachstum an. Gleichzeitig vermehrt sich die Pflanze über Samen, die an zarten Schirmchen hängen. Getragen von interkontinentalen Luftströmungen fliegen sie von einem Kontinent zum anderen. Diese von keiner Widrigkeit zu beeindruckende Pflanze hat die botanisch bewanderte Künstlerin als ein Symbol für eine Urfrau ausgewählt. Mit weit geöffneten Armen läuft sie, scheinbar schwerelos, über eine Kugel, die für die Welt und das Dasein stehen mag. So wie die Frage nach der Vermehrung des Löwenzahns ist auch die Bedeutung der 1908 bei Bauarbeiten gefundenen weiblichen Figur von Willendorf in der Geschichtsforschung nicht unumstritten. Martina Golser antwortet auf diese Frage mit einem symbolhaften Gleichnis, in dem Stärke und Zartheit untrennbar miteinander verbunden sind.
(Cornelia Offergeld)

Bilder (3)

Martina Golser, Venus Version, Willendorf, 2013
© Wolfgang Wössner
Martina Golser, Venus Version, Willendorf, 2013
© Wolfgang Wössner
Martina Golser, Venus Version, Willendorf, 2013
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