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Sounds Against Silence. Stadt hören und sehen.

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Ended
Ternitz, 12.9.2014 – 28.9.2014
In public space Ternitz

Information

Die semi-urbane Textur von Ternitz hat viel mit jenen Peripherien gemein, die sich um die großen Metropolen gebildet haben. Doch Ternitz ist kein ursprünglich städtischer Organismus, sondern ein Amalgam aus ehemaligen Dörfern, deren eigentliches geografisches Zentrum ein Fabrikgelände ist. Orte wie die Fabrik oder das Rathaus markieren kein wahrnehmbares Zentrum und die Qualitäten des vormals Dörflichen scheinen abhanden gekommen zu sein. Diese Abwesenheit dessen, was man als identitätsstiftende Orte für die Öffentlichkeit bezeichnen könnte, war der Ausgangspunkt für die Überlegungen zum temporären Kunstprojekt Sounds against Silence

Das Projekt stellt die Frage, wie man mit künstlerischen Mitteln Echos und Resonanzen aus der Geschichte von Ternitz als Stahlstadt herstellen kann, um Verbindungslinien in die Gegenwart und Zukunft aufzutun. Das Abwesende wird zum Material für eine fragmentarische Partitur künstlerischer Interventionen, für eine Wiederaufführung historischer Fundstücke. 

Raumstrategie: Christian Teckert 

Contributors

Kuration

Contributions

Johanna Reiner

"Eine Stadt kann nicht mehr schlafen."

Der Titel greift auf die Überschrift aus einer Trend-Reportage von 1983 zurück, die den Diskussionen um die Schließung des Fabrikstandorts vorangegangen war. Mit dem Niedergang der "Stahlstadt" Ternitz und einer wirtschaftlichen Neuorientierung begann die Suche nach einer neuen Identität für die Stadt. Das Projekt greift diese Versuche der Identitätskonstruktion auf, und versucht sie auf eine vielfältigere, unbestimmbarere Ebene zu bringe. Mit verschiedenen Kommunikationsmitteln und Workshops wird die Annäherung an eine vielschichtige Identität öffentlich verhandelt. Im "temporären Wirtshaus" können in der Wortwerkstatt täglich eigene Worte aus verschiedenen Materialien ausgeschnitten werden. Einem analogen Graffiti gleich werden diese im Stadtraum angebracht, wo sie nach und nach miteinander zu kommunizieren beginnen.

Johanna Reiner, Johannes Hoffmann

"Temporäres Wirtshaus"

Johannes Hoffmann und Johanna Reiner gestalten das "temporäre Wirtshaus" unter der Autobrücke beim Watschinger Steg. Das Wirtshaus-Zitat ist eine räumliche Collage, bestehend aus Leihgaben von ehemaligen bzw. noch aktiven Gasthäusern. Die Intervention verweist auf das Wirtshaus als sozialen sowie kulturellen Ort und bietet einen Raum für Diskussion und Austausch. Ab dem 11. September ist es als sozialer und urbaner Treffpunkt, Informationszentrum und Werkstatt des Kommunikationsprojekts "Eine Stadt kann nicht mehr schlafen“ aktiv. Verschiedene Veranstaltungen und Verweisstücke führen zum Höhepunkt des Projektes, den 27. September, hin. Das temporäre Wirtshaus öffnet in Anlehnung an die "zweizehner“- Schicht, jeweils Donnerstag bis Sonntag von 14.00 bis 22.00 Uhr.

Stefan Flunger

"Fallgeschichten"

Am Werksgelände aufgefundene, neue und verwitterte, scheinbar vergessene, roh gezimmerte Holzkisten sind der Ausgangspunkt der Arbeit "Fallgeschichten”. In Ternitz werden und wurden wohl unzählige solcher Transportkisten gezimmert, die mit Industriegütern bestückt die Stadt verließen oder angekommen sind. Für "Fallgeschichten“ werden Kistenobjekte in veränderter, ungewöhnlicher Form an verschiedenen Orten in der Stadt platziert. Die Kisten changieren zwischen Objekt, Kunsttransportkiste und Stadtmöbel und sind Träger von Geschichten. Ihre Gestaltung bezieht sich auf den Aufstellungsort und verweist auf Momente der Industriegeschichte, politische Ideologien sowie soziologische Phänomene, die mit der Stadt Ternitz verbunden sind.

Johanna Tinzl

"Das Werk"

Die Arbeit im Stahlwerk war männlich dominiert und Schwerstarbeit. Welche Rolle verkörperten aber die Frauen bei Schoeller-Bleckmann bzw. bei der VEW (Vereinigte Edelstahlwerke AG) und in der politischen Landschaft der Stadt? Wo haben die Frauen gearbeitet, wo waren sie in der Öffentlichkeit sichtbar? Die Performance bringt eine Text-Collage zur Aufführung, die historisches Recherchematerial und Auszüge aus Gesprächen mit Ternitzer Frauen verknüpft. Es sind fragmentarische Erzählungen über ihre Verbindung mit dem Werk, über ihre persönlichen Geschichten, die sich immer auch in Relation zum Werk entwickelt haben. Der Text ist Teil einer Partitur, die sich maßgeblich aus der Wiederaufführung des Sounds der großen Hämmer generiert.

Bik Van der Pol

"Etwas Rotes"

Ternitz war bekannt für die "rote Wolke“ als es noch "Stahlstadt“ war. Diese Rauchwolke, die beim Stahlabstich an den Hochöfen entstand, war gefürchtet, da sie ihren roten Staub je nach Wind über der ganzen Stadt verbreitete. Eine Besonderheit von Ternitz heute sind die zehn freiwilligen und eine Betriebs-Feuerwehren, die maßgeblich zur Identifikation und Gemeinschaftsbildung in ihrem jeweiligen Ortsteil beitragen. Für "Etwas Rotes“ werden alle Feuerwehren in einer sternförmigen Parade auf das Fabriksgelände fahren. In einem performativen Ritual wird von den freiwilligen Feuerwehren eine rote Wolke an der Stelle entzündet, wo früher die Hochöfen standen. Die Film- und Videosektion, die seit mehr als einem halben Jahrhundert wichtige Begebenheiten in der Stadt dokumentiert, wird die Inszenierung festhalten und die Aufnahmen ins Stadtarchiv rücküberführen. Die Bevölkerung ist dazu aufgerufen, das Ereignis ebenfalls zu dokumentieren und die Fotos ebenfalls ans Stadtarchiv zu übergeben. So wird die rote Wolke in einem kollektiven Akt in die Ternitzer Geschichte neu eingeschrieben.

Heimo Lattner

"Ternitz Ternitz"

Unterwegs ist man offen und anfällig für Zwischenfälle. 
Man geht ihnen geradezu entgegen. Man geht geradewegs in die Auseinandersetzung mit dem, was des Weges kommt: Im konkreten Fall eine Stadtlandschaft mit ihren Peripherien, ihren Zentren und ihren sozialen Räumen. Beim gemeinsamen Wandern soll im Gespräch ein anderer Blick auf die Geschichte und die Entwicklung der Stadt seit der Zerschlagung der VEW (Vereinigte Edelstahlwerke AG) am 8. September 1986 geschaffen werden; anhand der Wegführung, architektonischer Spuren, sichtbarer sowie unsichtbarer politischer und stadtplanerischer Konzepte, Erinnerungen, Anekdoten und Spekulationen.

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